Mittwoch, 22. Mai 2024

Die Schweiz gewinnt den Eurovision Song Contest 2024!

So ein ESC im Urlaubsmodus hat auch etwas, das muss ich zugeben. Unter der griechischen Sonne konnte ich das ESC-Finale 2024 verfolgen und musste aus der Ferne das Chaos miterleben, das in den 48 Stunden vor der Show um die Welt ging. Da wurde das Endergebnis fast schon nebenbei verkündet. Und was soll ich sagen? Wie schon 2018 wurde meine persönliche Nummer 1 am Ende auch der tatsächliche Sieger und mein persönlicher letzter Platz auch im Gesamtranking Letzter mit 3 mickrigen Pünktchen im 1. Semifnale. Hier das amtliche Endergebnis vom 11. Mai:

01. - 591 -  Schweiz (SRG SSR): Nemo - The Code
02. - 547 -  Kroatien (HRT): Baby Lasagna - Rim tim tagi dim
03. - 453 -  Ukraine (NTU): Alyona Alyona & Jerry Heil - Teresa & Maria
04. - 445 - http://icons.iconarchive.com/icons/gosquared/flag/24/France-icon.png Frankreich (France 3): Slimane - Mon amour
05. - 375 -  Israel (KAN)Eden Golan - Hurricane
06. - 278 -  Irland (RTÉ): Bambie Thug - Doomsday Blue
07. - 268 -  Italien (RAI): Angelina Mango - La noia
08. - 183 -  Armenien (ARMTV)Ladaniva - Jako
09. - 174 -  Schweden (SVT)Marcus & Martinus - Unforgettable
10. - 152 -  Portugal (RTP): Iolanda - Grito
11. - 126 -  Griechenland (ERT): Marina Satti - Zari
12. - 117 -  Deutschland (NDR) : Isaak - Always On The Run
13. - 103 -  Luxemburg (RTL): Tali - Fighter
14. - 090 -  Litauen (LRT): Silvester Belt - Luktelk
15. - 078 - http://icons.iconarchive.com/icons/gosquared/flag/24/Cyprus-icon.png Zypern (CyBC)Silia Kapsis - Liar
16. - 064 - http://icons.iconarchive.com/icons/gosquared/flag/24/Latvia-icon.png Lettland (LTV)Dons - Hollow
17. - 054 -  Serbien (RTS): Teya Dora - Ramonda
18. - 046 -  Vereinigtes Königreich (BBC)Olly Alexander - Dizzy
19. - 038 -  Finnland (YLE)Windows95man - No Rules!
20. - 037 -  Estland (ERR)5MINNUST x Puuluup - (Nendest)
                                         narkootikumidest ei tea me (küll) midagi
21. - 034 -  Georgien (GBP)Nutsa Buzaladze - Firefighter
22. - 030 -  Spanien (TVE): Nebulossa - Zorra
23. - 027 -  Slowenien (RTVSlo): Raiven - Veronika
24. - 024 -  Österreich (ORF): Kaleen - We Will Rave
25. - 016 -  Norwegen (NRK)Gåte - Ulveham

Zu den größten Überraschungen im positiven Sinne dürfte der 12. Platz für Deutschland zählen, inklusive Top10-Platzierung bei den Jurys und Top20-Platzierung beim Public Vote und natürlich der vollkommen verdiente Sieg der Schweiz in der Gesamtwertung. Nemos Auftritt war einfach auf einer ganz anderen Ebene, das haben auch die Juroren mit 22x 12 Punkten honoriert. Wenig überraschend hat am Ende Kroatien mit 337 Punkten das Televoting gewonnen und wurde am Ende sogar bei den Jurys höher platziert als Acts wie Måneskin, Kalush Orchestra oder Käärijä.

Die exorbitant hohen Jurystimmen für Nemo und den Song "The Code" haben am Ende aber, auch aufgrund des ähnlich hohen Televotes für Israel, den Sieg des Kroaten verhindert. Erstmalig erreichten ganze 3 Songs im Starterfeld im Televoting mehr als 300 Punkte, denn neben Israel mit 323 Punkten hat auch die Ukraine diese magische Summe geknackt und insgesamt 307 Punkte vom Publikum erhalten. Bei gerade mal 38 abstimmenden Televotern (inkl. Rest of the World) bedeutet das aber auch im Umkehrschluss, dass die anderen Ländern mit teils nur sehr wenigen Punkten recht hohe Platzierungen erreichen konnten, etwa Litauen mit gerade mal 58 Punkten Platz 10 bei den Zuschauern.

Gerade dieser Song ging leider am Ende im Feld der Finalisten etwas unter, vielleicht auch, weil direkt davor Israel auftrat. Die offensichtlich politisch motivierte Punkteflut an das Land finde ich persönlich einen verdienten Stinkefinger ans teils antisemitisch auftretende Publikum in der Halle sowie an einige Acts, die die israelische Teilnehmerin ganz offen bloßstellen und mobben wollten.

Dazu gehörte neben den griechischen und irischen Acts auch der Niederländer Joost Klein, der aufgrund eines Übergriffes auf ein Mitglied des Produktionsteam während des 2. Halbfinals wenige Stunden vor dem Finale disqualifiziert wurde, ein Novum in der fast 70-jährigen Geschichte des Wettbewerbs. Die Quittung für die Disqualifikation eines der Mitfavoriten bekam der EBU-Supervisor Martin Österdahl mehrmals während der Live-Show zu hören, als er so laut ausgebuht wurde wie niemand jemals zuvor bei einem ESC (außer vielleicht Silva Night aus Island 2006 in Athen).

Unabhängig vom katastrophalen Umfeld des Wettbewerbs (Anfeindungen innerhalb des Teilnehmerfelds und gewaltsame pro-palästinensische Proteste wenige Meter Luftlinie von der Bühne entfernt) war es aber eine top-produzierte Show, die am Ende ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden Favoriten der Buchmacher bot, wobei wie schon im Vorjahr am Ende der Jury-Liebling klar im Vorteil war. Diesmal war der prozentuale Abstand aber wesentlich geringer und so saß ich um halb drei Uhr nachts griechischer Zeit gebannt vor der Flimmerkiste und freute mich wie ein Honigkuchenpferd für und mit Nemo, dem ersten non-binären Sieger des Eurovision Song Contest.

Am unteren Ende des Tableaus gab es vor allem für Gåte aus Norwegen eine faustdicke Überraschung, das dürfte einer der am wenigsten verdienten Letzten Plätze der letzten Jahrzehnte sein. Und wie schon so oft in den letzten Jahren wurden die Briten abgewatscht, denn Olly Alexander erhielt trotz aufwändigem Staging mit Schwindel-Faktor am Ende die infamous "Nil Points" vom Publikum. Dank eines 13. Platz bei der Jury reichte es hier am Ende dennoch für Rang 18. Zwei Plätze schlechter als der Überraschungs-Finalist Dons aus Lettland, der mit Platz 16 einen ordentlichen Mittelfeldrang einfuhr.

In den Halbfinals gab es neben dem erwartbaren letzten Platz für Island eine erneut überraschende Klatsche für das kleine Malta, denn trotz perfekter Choreographie gab es wieder nur den letzten Platz für die Mittelmeerinsel. Ob Malta mit dem aktuellen Abstimmungsmodus überhaupt nochmal ein ESC-Finale erreichen kann, darf inzwischen stark bezweifelt werden. Ebenso Aserbaidschan, das nur Vorletzter (!) wurde und nun schon zum dritten Mal in Folge vom Publikum verschmäht wurde. 2022 noch von den Jurys gerettet, ist das einstige Powerhouse inzwischen zum Zwerg unter den ESC-Nationen verkommen. Ganz knapp am Finale scheiterten diesmal Australien und Tschechien, zwei Acts, die ich vorher als relativ klare Ausscheider sah, aufgrund überzeugender Live-Performances aber zurecht auf Platz 11 landeten.

Wo auch immer es 2025 in der Schweiz organisiert wird, der ESC muss dringend generalüberholt werden. Und zwar nicht in Bezug auf musikalische Qualität, sondern in Bezug auf die organisatorische. Damit sich so ein Chaos und die kommunikative Bankrotterklärung der EBU nie wiederholen. Denn dann können wir uns womöglich schon im nächsten Jahr die Semifinals sparen.

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