Donnerstag, 6. April 2023

Meine Bewertung zu allen 37 Songs des ESC 2023

Der ESC 2023 ist nur noch knapp einen Monat entfernt und daher ist es nun an der Zeit, sich den einzelnen Beiträgen aller 37 teilnehmenden Länder zu widmen. Ich werde jeden Beitrag kurz bewerten und dann die Erfolgschancen evaluieren. Beginnen wir beim letzten Platz (San Marino) und enden bei meinem Lieblings-Song (Frankreich).

Platz 37: San Marino

Das kleinste Teilnehmerland sollte lieber bei internen Auswahlen bleiben. Denn das, was die bisherigen Vorentscheide des Landes 2018, 2022 und 2023 hervorgebracht haben, bleibt weit hinter dem Resultat interner Entscheidungen. Die sehr amateurhaft agierende italienische Band, die "Una Voce per San Marino" gewonnen hat, sollte wohl lieber nur bis Donnerstag ihr Hotel buchen, denn mit dieser mehr gekreischten als gesungenen und total belanglosen Rocknummer kann man nie im Leben ein ESC-Finale erreichen.

Platz 36: Griechenland

Ebenso wie San Marino eine total höhepunktlose Angelegenheit, ein klassischer Klangteppich ohne irgendwelche Ecken und Kanten. Dazu kommt noch die etwas seltsam anmutende englische Aussprache des blutjungen Sängers. Was ist nur aus dem Griechenland geworden, das 2004-2011 ein Abo auf Top10-Plätze hatte? Ich sah sie seit 2021 schon wieder auf dem richtigen Weg, aber so wird das nichts.

Platz 35: Irland

Der wohl sicherste Nicht-Qualifikant dürfte in diesem Jahr die Band aus Irland sein. Und wie Griechenland kann man kaum glauben, was aus dem einst so übermäßig erfolgreichen ESC-Land geworden ist. Ehrlicherweise gab es im total schlecht gemachten irischen Finale zu dieser tausendmal gehörten Heile-Welt-Nummer mit Wir-sind-alle-eins-ich-schlafe-gleich-ein-Lyrics kaum Alternativen.

Platz 34: Island

Ich merke langsam, dass ich mit 08/15-Pop nichts anfangen kann, denn der nächste Reinfall kommt aus Island. Diljá ist zwar eine talentierte Sängerin, aber sie hätte einen wesentlich besseren Song verdient. So viel Power, wie der Titel verspricht, sehe ich hier nämlich nicht.

Platz 33: Rumänien

Eine wilde Mischung aus Vokal-Akrobatik und Stripclub-Atmosphäre erwartet uns 2023 aus dem Karpatenland Rumänien. Größter Pluspunkt: der größtenteils in der schönen rumänischen Sprache gehaltene Text. Alles andere dürfte einer Reizüberflutung gleichkommen, die wohl nur deshalb Außenseiterchancen auf ein Finale haben könnte, weil die Jurys ab 2023 erst im Finale eingreifen können.

Platz 32: Niederlande

Nach den großen Erfolgen mit ruhigen Balladen in 2019 und 2022 probieren es die Holländer logischerweise in diesem Jahr gleich nochmal. Und auch wenn das ganze top produziert und schön gesungen ist, bleibt bei mir nur wenig hängen. Es ist einfach kein Ohrwurm und dürfte es daher schwer haben, insbesondere im bärenstarken ersten Semifinale.

Platz 31: Litauen

Die erste Rückkehrerin in diesem Jahr ist die Litauerin Monika Linkyte, die, 2015 noch im Duett, diesmal mitsamt Gospelchor solo antritt. Und das mit einem folkloristischen Mantra in Landessprache, das die ansonsten sehr glattpolierte Ballade etwas edgy und markant gestaltet. Stimmlich harmonieren Monika und ihre Ladies gut, aber ich fürchte, dass das ohne Schützenhilfe der Jurys im Semifinale untergehen könnte.

Platz 30: Polen

Es gab einen riesigen Aufschrei in der (polnischen) Fan-Gemeinde, als Blanka dank der (wohl durchaus parteiisch besetzten) Jury im dortigen Vorentscheid am Publikums-Favorit vorbei zum ESC gepusht wurde. Doch das dürfte beim Finale in Liverpool nur eine Anekdote sein. Hier zählt eher das dünne Stimmchen, mit dem sich die hübsche Blanka durch ihre generische Pop-Nummer navigiert, die vielleicht 2002 noch ein Sommerhit hätte werden können.

Platz 29: Albanien

Erstmals konnte das albanische TV-Publikum unabhängig vom Ausgang des Festivali i Kenges über den ESC-Act entscheiden. Und entschied sich leider nicht für den Jury-Siegertitel "Evita", sondern das extrem folkloristisch und für mich zu anstrengend klingende Klagelied "Duje" der gesamten (!) Familie Kelmendi. Ich bin ja eigentlich offen für ethnische Beiträge, aber das ist schon etwas "over the top". Kann gutgehen, aber auch so manches westeuropäische Ohr überfordern.

Platz 28: Zypern

Nach dem Erfolg der albanisch-stämmigen Griechin Eleni Foureira vor fünf Jahren bedient sich die Mittelmeer-Insel diesmal bei der zyprischen Diaspora. Und zwar in Form des Frauenschwarms Andrew Lambrou, der einst bereits im Vorentscheid seines Heimatlandes Australien scheiterte. Nun intern gewählt, präsentiert er uns eine vor allem durch die Kopfstimme herausstechende Power-Ballade. Das kann bei guter Live-Performance toll wirken, hat aber irgendwie auch Carcrash-Potenzial.

Platz 27: Georgien

Nach all den Experimenten, die Georgien seit 2018, teils in Landessprache und mit viel Ethno-Sound, zielgenau zur roten Laterne im Semifinales brachten, geht es 2023 wieder zurück zum Mainstream-Pop. Erfahrung mit dem ESC-Universum kann die Sängerin Iru durch ihren Sieg bei Junior Eurovision 2011 mit der Gruppe Candy vorweisen. Und bringt einen beachtlichen Ohrwurm mit, der allerdings durch total lächerliche und sinnfreie Lyrics etwas an Qualität verliert.

Platz 26: Lettland

Die lettische Band Sudden Lights bringt eine recht sperrige Alternative-Rock-Nummer nach Liverpool. Die zündet jedoch nicht so wirklich und weiß auch nicht, ob sie nun Pop-Song oder Rock-Song sein will. Pluspunkte gibt es für den balladesken Schluss auf Lettisch, der aber nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass es sich um eine recht unauffällige Angelegenheit handelt. Die Ann-Sophie-Gedächtnis-Scheinwerfer bei der Live-Performance lassen ungutes erahnen.

Platz 25: Schweiz

Der erste Song, der direkt Bezug auf den Ukraine-Krieg nimmt, ist der eidgenössische Beitrag "Watergun". Castingshow-Gewächs Remo Forrer hat eine dunkle, markante Stimme, mit der er sich gefühlvoll durch die doch eher schleppende Ballade singt. Auffällig ist der Chor ganz am Anfang und zum Schluss, der einigen Zuschauern im Gedächtnis bleiben könnte. Hier bin ich auf die Live-Performance gespannt, denn von Choreographin Sacha Jean-Baptiste kann man im Allgemeinen eine interessante Bühnenshow erwarten, die die Schweizer Ballade bereits 2022 ins Finale brachte.

Platz 24: Kroatien

Kroatiens Beitrag ist der wohl politischste des vergangenen Jahrzehnts. So direkt, offensichtlich und unverhohlen wie hier wurde vorher nur selten auf einen Kriegstreiber (in diesem Fall Wladimir Putin) und dessen Machenschaften Bezug genommen. Ich muss gestehen, beim Sieg der Skandal-Band Let 3 im Februar war ich zuerst stark überfordert mit all dem Quark, der auf der Bühne passiert. Wenn man das ganze aber mehrmals gesehen hat, kann man sich dem Gesamtkunstwerk, das als Anti-Kriegs-Song konzipiert ist, nur schwer entziehen.

Platz 23: Aserbaidschan

Bei Fans und Buchmachern läuft diese entspannte Nummer größtenteils unter dem Radar, mir gefällt sie jedoch recht gut. Die Zwillingsbrüder Tural und Turan singen sich durch diesen gemütlichen Pop-Song und lösen bei mir ein Gefühl der Entspanntheit aus. Die warme Atmosphäre gepaart mit der Tatsache, dass es sich hierbei um die erste rein aserische Produktion seit 2008 (!) handelt, lässt mich auf einen Finaleinzug des Kaukasus-Landes hoffen. Dort dürfte aber wohl kein Blumentopf zu gewinnen sein.

Platz 22: Belgien

Gustaph aus Belgien bringt uns mit seiner Ode an den Lebensgefährten die 90er in George-Michael-Manier zurück. Stimmgewaltig singen sich er und seine Backing-Ladies durch diese groovige und kurzweilige Nummer. Lediglich das etwas vogelwilde Outfit vom belgischen Vorentscheid sollte Gustaph dann doch lieber zu Hause lassen. Wieder ein Beitrag, der die extreme musikalische Vielfalt dieses ESC unter Beweis stellt.

Platz 21: Dänemark

Mit diesem Influencer von den idyllischen Färöer-Inseln (wenn man mal vom Walfang absieht) will Dänemark nach drei Jahren Pause endlich wieder das Finale erreichen. Und wenn die Tiktok- und Insta-Fraktion den ESC sieht, könnte das durchaus was werden. Der androgyne Reiley singt einen Bubblegum-Popsong mit stark verzerrter Synthesizer-Stimme und hat dadurch auf alle Fälle ein Alleinstellungsmerkmal beim diesjährigen ESC. Und seit Covid sind die Regeln im Bezug auf Backings und Bearbeitung der Lead-Stimme ja recht lasch geworden.

Platz 20: Estland

Die einzige ethnische Russin, die bei diesem ESC zu hören sein wird, ist die junge Estin Alika. Ihre Performance mündet am Schluss in einem markant und hervorragend gesungenen langen Ton, der in Liverpool bestimmt grandios wirken dürfte. Die schöne klassische Klavier-Ballade wird von Alika gefühlvoll vorgetragen, könnte jedoch bei 26 Finalisten leicht im Gemenge untergehen. Doch sollte der Finaleinzug gelingen, könnte das bestes Jury-Futter sein und dadurch durchaus einen Achtungserfolg einfahren.

Platz 19: Spanien

Einer meiner Alltime-Favourites ist der Flamenco von Antonio Carbonell aus dem Jahr 1996. Und eine auf 2023 abgestimmte Form des Nuevo Flamenco gibt in diesem Jahr die Sängerin Blanca Paloma zum Besten. Der Auftritt beim Benidorm-Festival sollte unbedingt auch in Liverpool zu sehen sein, denn die Interaktion mit den Backings und die innovative Kameraführung haben dort die Extravaganz und Besonderheit des spanischen Beitrags unterstrichen. Arabische Einflüsse bei Flamenco dürfte so manchen Zuschauer trotz der etwas schrillen Stimmen bei dieser Performance in ihren Bann ziehen.

Platz 18: Slowenien

In einem ungewöhnlichen Schritt cancelte Sloweniens Rundfunk in diesem Jahr die tradionelle Preselection EMA zugunsten der jungen aufstrebenden Band Joker Out. Und diese interne Auswahl kann sich durchaus sehen lassen. Gerade bei der Live-Performance entwickelt diese an den Britpop angelehnte Rocknummer ihre Qualitäten und ließ das Studio-Publikum bei der Präsentations-Show in Ekstase geraten. Weiterer Pluspunkt: die Jungs singen in Landessprache.

Platz 17: Italien

Der nächste Rückkehrer in diesem Jahr ist der Balladen-Sänger Marco Mengoni, der Italien bereits vor 10 Jahren in Malmö zu einem Top10-Platz verhalf. Seitdem gehört er zu den populärsten Interpreten seines Landes und war allein deshalb ein Anwärter auf den erneuten Sieg im Sanremo-Festival. Doch unabhängig von seiner Popularität glänzt Italiens Beitrag "Due vite" durch große Qualität und wird durch Mengonis wunderschöne, aber zugleich powervolle Stimme zu einer runden Sache. Dennoch gefiel mir "L'esssenziale" etwas besser.

Platz 16: Armenien

Armenien ist eines meiner Lieblingsländer im ESC-Universum. Und nach dem Chart-Erfolg von Rosa Linn's Song aus Turin, der bis heute anhält, geht man in diesem Jahr einen anderen Weg und weg von Radio-Pop zur R'n'B-Hymne mit Rap-Einsprengseln. Die junge Diva Brunette räkelt sich im prachtvollen Setting des Musikvideos im Nebel und hantiert mit gigantischen virtuellen Kirchenglocken. Der letzte Teil des abwechslungsreichen Songs wird dann sogar noch auf Armenisch gesungen. Einzig die etwas geringe Eingängigkeit könnte von Nachteil sein.

Platz 15: Deutschland

Mit Lord of the Lost hat Deutschland erstmals seit 2005 wieder einen rockigeren Beitrag am Start. Und neben der perfekt zum Songtitel passenden Optik in rotem Latex mit goldenem Make-Up besticht unser Beitrag auch durch die Eingängigkeit eines typischen ESC-Songs. Gegröhle und Gitarrenriffs dürfen natürlich auch nicht fehlen. Und so sehe ich recht zuversichtlich dem ESC-Finale entgegen, denn unser Act ist international renommiert und vor allem erfahren, was das Bespielen von großen Bühnen angeht.

Platz 14: Vereinigtes Königreich

Und auch das Gastgeberland, das erstmals seit 1980 nicht der Vorjahressieger ist, darf sich berechtigte Hoffnungen auf ein anständiges Resultat machen. Verantwortlich dafür dürfte die junge Songwriterin Mae Muller sein. Ihre Dance-Pop-Hymne übers Songschreiben besticht durch sehr zeitgemäßen Sound und eine eingängige Hook im Refrain. Dieser Song dürfte vor allem bei den jungen Zuschauern punkten.

Platz 13: Moldawien

Der erste von zwei Rückkehrern des ESC 2012 in Baku ist Moldaus Act Pasha Parfeni. Er hat wie damals schon eine sehr fesselnde Choreographie am Start. Und nach dem Riesen aus der Ukraine von 2013 kommt diesmal wohl der Kleinwüchsige aus dem kleinen Nachbarland des aktuellen Kriegsschauplatzes. Mit Hirschgeweih dekorierte Backings, donnernde Beats und die omnipräsente Flöte dürften das ganze zu einem der eingängigsten Songs des aktuellen Jahrgangs machen.

Platz 12: Serbien

Mit fetten Elektrobeats, einer dystopischen Szenerie sowie dem serbisch-englischen Sprachen-Mix will Serbiens Hoffnung Luke Black die ESC-Zuschauer fesseln. Und nach der unsterblichen Konstrakta im Vorjahr schicken die Serben erneut ein Gesamtkunstwerk zum ESC. Der Song ist abwechslungsreich und man kann schier nicht die Augen von dieser abstrusen Performance lassen. Im Bereich "Androgyne junge Männer" macht er dem Dänen Reiley ebenfalls Konkurrenz.

Platz 11: Malta

Spätestens nach dem dritten Platz des "Epic Sax Guy" aus Moldawien vor sechs Jahren in Kiew sollte man ein Saxophon beim ESC nicht mehr unterschätzen. Und ähnlich eingängig wie die beiden Beiträge des SunStroke Projects kommen auch The Busker und ihr Song daher. Die ulkige, aber sehr sympathische Bühnenshow passt gut zum Song, der das Partymachen in Jogginghose und Pullover zelebriert. Die sympathischen Interpreten in Verbindung mit diesem Gesamtpaket könnten durchaus zu einem Dark Horse werden.

Platz 10: Israel

Weniger Dark Horse und eher Fan-Favorit ist dagegen die israelische Repräsentantin Noa Kirel. Der einstige Teenie-Popstar ist inzwischen eine Ikone der jungen Israelis und hat daher hohe Erwartungen geschürt. Die, wie ich finde, auf jeden Fall erfüllt wurden. Der Dance-Song "Unicorn" vereint orientalische Elemente mit einem wummernden Beat und typischen Bestandteilen von all jenen Hits, die aktuell im Radio rauf und runter laufen und vor allem aus den USA stammen.

Platz 9: Portugal

Ich bin immer wieder begeistert davon, wie vielseitig die vergangenen Beiträge aus Portugal waren. Und gleichzeitig so hochwertig, man hat das Gefühl, dass die Beiträge von ganz feiner Feder geschrieben wurden. Und das gilt auch für den Song von Mimicat, der für portugiesische Verhältnisse recht flott daherkommt. Die typischen Instrumente des Landes werden vermischt zu einer Art Foklore mit Anleihen des französischen Can-Can-Tanzes. Ich würde mich sehr wundern, wenn das nicht ins Finale einzieht.

Platz 8: Norwegen

Noch eine Spur powervoller, mit am kraftvollsten in diesem Jahr, singt sich die Norwegerin Alessandra durch ihren Song, der auch ein Soundtrack zu Games of Thrones sein könnte. Sie ist ja schließlich auch die "Queen of Kings", also die mächtigste und den Mächtigen. Und verkörpert diesen Spirit mit ihrer powervollen Lightshow, dem kraftvollen Gesang und der fesselnden Choreo. Typisch ESC, möchte man sagen, und daher wohl auch etwas vorhersehbar.

Platz 7: Ukraine

Während ich das Kalush Orchestra im letzten Jahr rein musikalisch eher im Mittelfeld positioniert sah und dann durch die Weltlage die Musik in den Hintergrund geriet, könnte ich in diesem Jahr schon eher mit einem ukrainischen Sieg übereinstimmen. Dieser Song hat aus meiner Sicht zusammen mit Norwegen das beste Intro in diesem Jahrgang und ich finde es gut, dass nur sehr indirekt Bezug auf den Krieg in der Heimat genommen wird. Man muss das Land unterstützen, wo es nur möglich ist, aber ein weiterer ESC im Land des Zweitplatzierten wäre auch irgendwie fad.

Platz 6: Österreich

Österreich hat fast schon eine Tradition, Kritik an der Musikbranche zum ESC zu schicken. Man denke etwa an den 1977'er Beitrag "Boom Boom Boomerang" mit der legendären Choreo. Und es gibt einem schon zu denken, wenn man die Lyrics nachliest und sieht, welchen Anteil die Interpreten an den Erlösen aus Songs-Streams bei Spotify und anderen Streaming-Diensten erhalten. Und dann ist da auch noch der ultra catchy Song, der garniert mit einer Ohrwurm-Melodie und geistlichen Chören im Hintergrund nicht umsonst zu den Favoriten zählt.

Platz 5: Australien

Der australische Song, zum ersten Mal interpretiert von einer Band, ist zugleich auch der erste Rocksong aus Down Under. Und vereint ebenso wie der deutsche Beitrag Metal- und Grunge-Elemente mit Classic Rock. Nur gefällt mir hier das, was geboten wird, noch eine Spur besser als bei Lord of the Lost. Die Melodie in den Strophen zieht mich jedes Mal aufs neue in ihren Bann und ist ein gelungener Kontrast zu den härteren Refrains. Dass Voyager mehrheitsfähig sind, beweist die Tatsache, dass sie bei reinem Televoting im Vorentscheid bereits 2022 zum ESC gefahren wären.

Platz 4: Tschechien

2023 könnte das erste Jahr in der Geschichte des ESC werden, in dem wir die tschechische Sprache im Finale des Wettbewerbs zu hören bekommen. Und es müsste schon mit dem Teufel zugehen, sollte es anders kommen. Grund dafür ist der geniale Soundtrack der Gruppe Vesna, die mit großer Mehrheit die erste TV-Vorentscheidung des Landes seit 2008 gewinnen konnte. Die bunt zusammengewürfelte Band aus diversen osteuropäischen Ländern singt neben der Landessprache auch noch auf Englisch, Bulgarisch (Rap-Bridge) sowie vor allem auf Ukrainisch. Die diesjährige Me-Too-Hymne zur Stärkung der weiblichen Identität macht auch musikalisch einiges her und zeigt vor allem im hymnischen Refrain, was in ihr steckt.

Platz 3: Finnland

Es gibt immer wieder Genres, die beim ESC bisher so gar nicht in Erscheinung getreten sind. In diesem Jahr ist es die krude Mischung aus Hip Hop, Techno und Pop-Schlager, und all das in finnischer Sprache. Der Songtitel "Cha cha cha" wird dann auch noch durch völlig durchgeknallte Tänzer personifiziert, die wie von der Tarantel gestochen über die Bühne hetzen. Sänger Käärijä gibt uns dabei die "Hulk"-Version der Schulterpolster gepaart mit der Latex-Optik, die an BDSM erinnert. Und wenn man den Track einmal gehört hat, muss man ihn immer wieder hören. Das könnte ein Aspirant auf den Televoting-Sieg sein.

Platz 2: Schweden

Loreen's Siegertitel aus Baku 2012 ("Euphoria") wird inzwischen fast immer genannt, wenn Menschen jeglicher Herkunft ihren Lieblings-ESC-Song nennen sollen. Und sie hat es wieder geschafft. Als erste Künstlerin überhaupt gewann sie zum zweiten Mal das seit 2002 bestehende "modernde" Melodifestivalen und hat auch diesmal wieder gute Chancen auf die begehrte Trophäe. Ihre meisterhafte Stimmakrobatik zwischen normaler und Kopfstimme kommt auch bei "Tattoo" perfekt zur Geltung und neben der innovativen LED-Choreo besticht die Performance vor allem durch Loreen selbst, die im ESC-Universum inzwischen eine lebende Legende geworden ist.

Platz 1: Frankreich

Et finalement... la France! Frankreich hat seit 2016 beim ESC in den meisten Fällen gute Ergebnisse eingefahren und ist inzwischen ein verlässlicher Lieferant für qualitativ hohe ESC-Beiträge. Die bisherige Spitze des Schaffens war eindeutig Barbara Pravi mit ihrer unvergessenen Performance 2021 in Rotterdam. Und wenn man damals dachte, dass es "französischer" nicht werden kann, so wird man in diesem Jahr von La Zarra eines Besseren belehrt. Extrem stilvoll und grazil performt sie ihren Song "Évidemment" in Anlehnung an große Chanson-Diven vergangener Zeit. Mit dem Unterschied, dass sie nach knapp 30 Sekunden vom klassischen Chanson zu einem Disco-Beat mit Kirchenchor wechselt. Diese Symbiose macht das ganze so spannend für mich. Man sieht sie dort stehen und denkt an "Non, je ne regrette rien" von Edith Piaf und bekommt eine Disco-Hymne vom Allerfeinsten. Für diesen Mut und das Gesamtpaket hat sich La Zarra bei mir an die Spitze gesungen. Der Song läuft bei mir rauf und runter.

Dienstag, 4. April 2023

Meine Top37 für den ESC in Liverpool

 Die Vorentscheidungssaison ist vorbei und bald steht die Show in Großbritannien an. Der Algorithmus hat dabei die 37 Titel nach meinem Geschmack sortiert und herausgekommen ist folgendes:

Die Top37:





   

Wenn man diese Rangfolge auf die beiden Semifinals aufschlüsselt, ergibt sich das folgende Ranking:



















Die Qualifikanten sind grün markiert, wer rechnerisch ausscheidet rot. Wie unschwer zu erkennen ist, stimme ich mit dem allgemeinen Tonus überein und sehe auch das erste Semifinale als wesentlich stärker an, denn nur 2 der 11 Songs außerhalb meiner Top26 sind aus dieser Vorrunde