Das ESC-Finale 2025 ist Geschichte und erneut hat ein südliches Nachbarland von Deutschland eindeutig den Wettbewerb gewonnen. Nach Udo Jürgens (1966) und Conchita Wurst (2014) hat nun nach der Schweiz auch gleich Österreich den dritten Sieg eingefahren, und zwar mit den jungen Sopranisten JJ alias Johannes Pietsch. Er siegte mit 79 Punkten Vorsprung vor der Israelin Yuval Raphael, die wiederum eindeutig das Televoting für sich entscheiden konnte. Nur einen einzigen Punkt dahinter erreichte (für mich) überraschend Tommy Cash aus Estland das beste Ergebnis für das baltische Land seit dem Heim-Beitrag 2002 in Tallinn. Hier das amtliche Endergebnis:








Wie schon 2018 konnte Österreich auch 2025 klar das Juryvoting für sich entscheiden und erhielt aus acht Ländern, darunter auch Deutschland, die 12 Punkte der Jury. Im Gegensatz zu damals gab es jedoch auch fast 200 Punkte im Televoting, was in einem sehr ausgeglichenen Feld am Ende für den Sieg reichte. Bei mir im persönlichen Ranking war Österreich am Anfang der Saison nur auf Platz 6, durch den Live-Auftritt wurde JJ mit seinem Song allerdings zu einem der absoluten Top-Favoriten und ich empfinde den Sieg aufgrund der Komposition und der Stimmgewalt des Sängers als absolut verdient.
Ebenso denke ich auch über die Zweitplatzierte Yuval Raphael aus Israel, die wie schon im Vorjahr Eden Golan von den Jurys offensichtlich vorsätzlich abgewertet wurde, um einen israelischen Sieg zu verhindern. Niemand kann mir erklären, dass ein stimmlicher Totalausfall wie Tommy Cash 98 Punkte wert sein soll, aber der makellose Auftritt der Israelin nur 60 Punkte. Hier hat das Publikum nicht nur politisch, sondern auch geschmacklich gevotet.
Platz 2 im Televote und Platz 9 bei den Jurys reichte am Ende für die Bronze-Medaille für den estnischen Social Media Star Tommy Cash und sein "Espresso Macchiato". Hier hat aus meiner Sicht weniger der Song oder die Stimme, sondern das extrem durchdachte Staging zum Erfolg geführt. Jedes Element seiner Performance war ein kleines Highlight, ob es nun das tanzende Flugzeug auf den LEDs, der mit ihm tanzende Fan oder auch das Zahlenfeld für seine Securitys auf dem Bühnenboden war.
Wer hoch fliegt, kann tief fallen. Dieses Sprichwort passt in diesem Jahr perfekt zum schwedischen Act KAJ. Eigentlich durchgängig seit Beginn des Jahres lag Schweden unangefochten auf Platz 1 jeglicher Umfragen und Wettbüro-Listen. Doch am Ende kam das ganze wohl zu wenig originell und "catchy" rüber, vielleicht auch weil Estland hier zu viele Punkte abgegeriffen hat. Und somit ist Schweden mit Platz 4 zwar immer noch exzellent platziert, wird aber wohl angesichts der gewaltigen Vorschusslorbeeren enttäuscht sein. Ganz im Gegensatz zu Italien, das wohl wirklich aus jedem sprichtwörtlichen Kuhfladen ein Goldnugget machen kann. Das schlichte Staging und die live gespielte Mundharmonika haben wohl vielen Juroren und auch einigen Zuschauern gefallen.
Dass es Italien am Ende auf Platz 5 schaffen würde, hatte ich so nicht gesehen. Dafür war mir der Song zu schlicht und unauffällig. Vielleicht haben es die Untertitel zum zugegebenermaßen schönen Songtext oder auch das Mundharmonika-Solo authentisch wirken lassen. Genauso wenig hatte ich die Griechin auf dem Zettel, die direkt dahinter platziert war. Schön gesungen war es und die Inszenierung hat zum Song gepasst, aber gleich Platz 6? Dafür war es mir persönlich dann doch etwas zu sperrig.
Der siebte Platz muss sich für die siegeshungrigen Franzosen wie eine Enttäuschung anfühlen, gerade im Televoting ist Louane richtig abgeschmiert und landete im Mittelfeld. Vielleicht hat sich die Geschichte von der dramatischen französischsprachigen Ballade so langsam auserzählt? Einen Achtungserfolg hingegen erzielte einer meiner persönlichen Favoriten, das Duo aus Albanien. Es ist die drittbeste Platzierung der ESC-Geschichte des kleinen Landes und zeigt, dass Authentizität am Ende richtig punkten kann. Im Televoting reichte es sogar für Platz 5, leider waren die Juroren weniger spendabel.
Die Top10 wurden abgerundet vom Beitrag des Gastgebers sowie der Ukraine, die für mich überraschend das erste Semifinale gewann. So sehr ich den Song mag (es war mein persönlicher Platz 2), aber ich hätte hier eher mit Schweden oder Estland gerechnet, die beide am Ende auch im Finale im Televoting mehr Punkte bekamen. Die größte Differenz zwischen Jurys (Platz 2) und Publikum (Platz 26) der ESC-Geschichte erreichte der ruhige, wunderschön inszenierte Song der Schweiz. Leider wurde "Voyage" ein Opfer der Regelung, dass nur die Top10 im Televoting Punkte erhalten. Und die Schweiz hat nunmal beim Televoting einen eher schlechten Stand, wenn nicht gerade Luca Hänni, Gjon's Tears oder Nemo auf der Bühne stehen.
TBC...